Das Portfolio des digitalisierten Geologen

In einer durchdigitalisierten Welt stellt sich der berufstätige wie auch angehende Geologe vielleicht die Frage: Was muss ich können? Was muss ich mir neu aneignen? Spielt meine klassische geologische Ausbildung vor lauter digitalen Spielereien überhaupt noch eine Rolle? Das sind alles berechtigte Fragen, auf die im Folgenden eingegangen werden soll.

 

Wo im Bergbau, in der Hydro- und Umweltgeologie und im zunehmenden Maße in der Geotechnik und Ingenieurgeologie Technologien wie digitale 3D-Modelle eine immer größere Rolle spielen werden, ist dies selbst in Bereichen der Fall, die auf den ersten Blick eher weniger damit zu tun haben wie Tätigkeiten in geologischen und paläontologischen Sammlungen. Auch hier geht es immer mehr um die digitale Aufnahme ganzer Sammlungen, die dann einem breiten Publikum über das Internet zugängig gemacht werden können.

 

Insgesamt besteht definitiv ein Trend hin zum Digitalen mit allen Technologien und Datenverarbeitungs-Methoden (z. B. Data Mining, Maschinelle Lernverfahren), die dazu gehören. Bei aller Vehemenz dieses Prozesses steht trotzdem eine Sache IMMER ganz am Anfang: die Daten selbst. Und diese müssen irgendwo herkommen - also aufgenommen, aufbereitet und kommuniziert werden.

 

Ein zentrales Charakteristikum geologischer Daten, auch in Zeiten von Big Data, ist deren Knappheit in Bezug auf das mit ihnen abzubildende Volumen. Einzig im Fall der Fernerkundungsdaten kann von Big Data gesprochen werden. Diese sind aber (meist) auf die Oberfläche beschränkt. Sobald Informationen, und seien es nur wenige Zentimeter tief, aus dem geologischen Untergrund benötigt werden, muss auf punkt- oder linienförmige Aufschlüsse zurückgegriffen werden.

 

Dies verlangt nach wie vor die klassischen Fähigkeiten und Kenntnisse des Geologen wie ein sehr gutes räumliches Vorstellungsvermögen und Prozessverständnis, Fähigkeiten der Gesteinsansprache, Beherrschen verschiedener Kartiertechniken, Erkennen und Interpretieren verborgener geologischer Strukturen sowie diverser weiterer Feldtätigkeiten. Diese Kompetenzen bilden nach wie vor die Grundlage für eine präzise Datenaufnahme und sind umso wichtiger, da ein digitales Untergrund-Modell nur so gut wie die eingegebenen Daten sein kann. Die Qualität eines Modells hängt aber nicht nur von einer präzisen Datenaufnahme ab, sondern auch von der angewendeten Auswertungsmethode. Passt diese nicht zu den Daten, der Fragestellung oder zum Modell, kann das Modell an sich nur mangelhaft sein.

 

Im Bergbau steigen die Anforderungen an die Modelle hinsichtlich deren Vorhersage-Genauigkeit sowie zur Reduktion von Produktionsrisiken. Die Entwicklung im Bereich der Geotechnik wird v. a. durch „Building Information Modelling“ getrieben. Auch hier wird nach geologischen 3D-Modellen mit einer möglichst hohen Güte und Genauigkeit verlangt. Allen Bereichen gemeinsam ist die Frage nach der Präsentation der Daten sowie die Kommunikation der Möglichkeiten, Grenzen und Unsicherheiten in den Modellen. Ebenso ist allen Bereichen die Minimierung von Risiken (Minimierung der Auswirkungen von Naturkatastrophen oder die Minimierung von Produktionsausfällen im Bergbau) gemein.

 

Die klassischen „analogen“ Fähigkeiten bleiben also auch weiterhin wichtig. Sie werden aber um einen ganzen Kanon neuer Anforderungen erweitert.

 

Was das konkret für die zu beherrschenden Fähigkeiten des Geologen bedeutet, hat Paul Hodkiewicz, seines Zeichens Modellierungsspezialist (u. a. bei BHP, Anglo und SRK), folgendermaßen zusammengefasst:

  • Kenntnisse zur Bohrlochgeophysik
  • Echtzeit-Datenanalyse und Echtzeit-Analysesysteme
  • Hyperspektrale Vermessungsgeräte zur Aufnahme von Aufschlüssen und Bohrkernen
  • Kenntnisse zu „Monitor-while-drilling“ und sog. „smart bit“-Systeme
  • Wissen über automatisierte Bohranlagen mit angeschlossenem Equipment
  • Kenntnisse zu Datenintegration und -analyse

 

Das Originalstatement kann hier nachgelesen werden:

http://www.implicit-modelling.com/future-of-modelling/the-future-of-geological-modelling

 

Hier ist aber einschränkend zu erwähnen, dass sich diese Aufzählung auf den Bergbau bezieht. Einige dieser Fähigkeiten spielen auch in vielen anderen Teildisziplinen der Geowissenschaften eine Rolle. Weitere, aus meiner Sicht vorteilhafte Kenntnisse umfassen:

  • grundlegende Programmierkenntnisse (R und Python sind gerade stark im Kommen mit vielen nützlichen Packages für geowissenschaftliche Anwendungen)
  • grundlegendes Wissen in der Geostatistik und in Fernerkundungs- wie Vermessungsmethoden
  • fundierter Umgang mit (Web)GIS-Systemen und optional Kenntnis der Funktionsweise von (Geo)-Datenbanken

 

Wenn die Zukunft im Lichte der Digitalisierung gerade für Berufsperspektiven noch dunkel und schleierhaft erscheinen mag, ist eine Entwicklung sehr sicher: Die Zukunft gehört dem digitalen, geologischen 3D-Modell. Mit dieser Methode werden neue Wege der Visualisierung und Kommunikation von Ergebnissen geöffnet, sei es am Bildschirm oder in einer Virtual Reality oder Augmented Reality. Dadurch können Informationen klarer und transparenter dargestellt und bessere Entscheidungsprozesse geführt werden, da die Zusammenhänge besser verständlich gemacht werden können. Dies stellt ebenfalls neue Anforderungen an die Kommunikations- und Präsentationsfähigkeiten von Geologen im kompletten Spektrum der natur- und raumbezogenen Daten.

 

An der ganzen Bandbreite an potentiellen Anforderungen wird deutlich, dass sicher selektieren werden muss auch mit Hinblick auf die Ausbildung an den Hochschulen. Aus dem bunten Blumenstrauß unterschiedlichster Anforderungen folgt allerdings eine zentrale Fähigkeit, die allem anderen zu Grunde liegt: eine gute Methodenkompetenz; also die Fähigkeit, sich neue Methoden aneignen und sich in neue Themengebiete einarbeiten zu können. Daran sollte besonders an den Hochschulen angeknüpft werden und sei auch allen Geologen ans Herz gelegt, die sich noch nicht weiter mit, aus deren Perspektive, fachfremden Tätigkeiten beschäftigen mussten.

 

Es wird also nicht einfach, ist und bleibt aber machbar.